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Die Farben des Meeres: Bilder der Expeditionen mit der DAGMAR AAEN

Die Farben des Meeres: Bilder der Expeditionen mit der DAGMAR AAEN

Harald Schmitt war mehr als 30 Jahre Fotoreporter des Stern. Viele seiner Bilder sind längst Dokumente der Zeitgeschichte. Bei mehreren Expeditionen mit Arved Fuchs auf dem Hai-Kutter DAGMAR AAEN entstanden Fotos, die jetzt in einer Ausstellung gezeigt werden. Ein Interview über den Reiz des Extremen

 

Unterwegs mit Arved Fuchs und seiner "Dagmar Aaen" von Flensburg nach Grönland. Foto zeigt: Zwischen Islandund Grönland bei Windstärke 1-2

Expedition mit Arved Fuchs auf der DAGMAR AAEN von Flensburg nach Grönland: Ein schmaler Streifen Licht

Reise mit Arved Fuchs und der "Dagmar Aaen" von Flensburg nach Grönland.

Im Atlantik- bei 1 – 2 Windstärken vor Grönland

Atlantik – Grönland entlang der Küste Richtung Ittoqqoortoormiit mit Eisbergen bei Windstärken 0-1 im dichten Nebel

 

Manchmal braucht es bei einer Seereise keine fancy Schiffsausstattung, keine Spaß-Rutsche, keinen perfekt gekühlten Rosé-Champagner (obwohl der immer passt). Manchmal steht oder sitzt man an Deck und schaut dem Meer bloß zu, wie es einfach so da ist – wie es sich bewegt, wie das Licht über die Wellen tanzt, mal schimmert das Meer glatt und dunkel wie eine Blei-Tafel, mal zeigt es alle Blau-Töne. Man versucht die Momente zu fotografieren. Aber irgendwie sehen die Bilder nie nach dem aus, was man in dem Augenblick empfunden hat. Und irgendwann genießt man einfach nur noch.

Was aber, wenn ein Profi-Fotograf an Deck steht und diesem Lichtspiel erliegt? Harald Schmitt war lange Fotograf für das Magazin Stern. Er hat die Welt gesehen, mehrere Bücher mit seinen Arbeiten sind bereits erschienen, seine Bilder wurden in vielen Deutschen Museen gezeigt. Und dann erlag der passionierte Segler der schlichten Schönheit des Meeres. Es war bei seiner ersten Reise mit dem Polarforscher Arved Fuchs. Inzwischen haben sie gemeinsam mehrere Expeditionen unternommen, und dabei entstand eine bezaubernde Serie über die „Farben des Meeres“. So lautet auch der Titel der gleichnamigen Ausstellung, die am 17. Juni eröffnet wird.

MORE THAN CRUISES hatte Gelegenheit für ein Interview mit dem Fotografen, der schon mehrfach den World Press Photo Award erhielt.

 

MORE THAN CRUISES: Lieber Harald Schmitt, Du bist ein leidenschaftlicher Segler, der sich auch in anspruchsvolle Reviere traut. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Arved Fuchs?

Harald Schmitt: Ich habe das große Glück, dass ich durch meine Arbeit schon viele Länder bereisen durfte. Eine Region aber begeistert mich besonders – die Lofoten. Für mich ist diese Inselgruppe ein magischer Ort. Zufällig las ich das Buch „The Last Viking“, darin geht es auch um die Mühen des Kabeljaufangs zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Und mir kam die Idee, die dort beschriebene Route zu rekonstruieren. Arved Fuchs war begeistert, zumal sein Segelboot, der 1931 gebaute Hai-Kutter DAGMAR AAEN, sehr gut zum Projekt passte. Und so sind wir im Winter los, während die meisten Boote schon im Lager waren, hinauf zu den Lofoten.

Wann wusstest Du, dass aus den Fotos eine Serie werden würde? 

Arved hatte auch bei früheren Expeditionen Fotografen und Dokumentare an Bord. Da die Besatzung der DAGMAR AAEN jedoch nur zehn Mann umfasst, müssen immer alle mit ran. Ich habe mich meist zu den Wachen von 4 Uhr bis 8 Uhr und von 16 Uhr bis 20 Uhr einteilen lassen. Denn dann ist das Licht besonders schön. Und so entstanden die ersten Meeresbilder.

Nach einer Weile kam der Gedanke hinzu, alle Windstärken nach Beaufort fotografisch umzusetzen. Beaufort hat die Merkmale, nach denen ein Kapitän die Stärke des Windes erkennen kann, ja wunderbar beschrieben – in 12 Schritten von 0 mit „völlig ruhiger See“ über 6, „grobe See“, der Wind pfeift in den Wanten, bis 12 „außergewöhnlich schwere See“. Ich wollte diese Windstärken abbilden. Windstärke 12 habe ich glücklicherweise nicht an Bord erlebt, sondern bin nach einer Orkan-Warnung mit dem Auto nach Dagebüll gefahren. Der Wind blies mit einer Geschwindigkeit von 182 Km/h und fegte mich die Treppen am Deich hinab, was mir blutige Knie beschert hat. Aber ich habe die Aufnahmen gemacht! Auf der Autobahn nach Hause fuhr ich dann an vier umgekippten Lastwagen vorbei. Und ich wusste, ich hatte noch Glück gehabt.

 

 

Beim Segeln muss man stets achtsam sein. Wie schwierig ist es, unter diesen Bedingungen zu fotografieren?

Vor die Wahl gestellt, „entweder kaputte Kamera oder tolles Foto“, habe ich mich immer für das Bild entschieden. Am Ende hat mich diese Einstellung 2.400 Euro gekostet, so stark haben Meerwasser, Regen und Sturm meinen beiden Nikon 810 zugesetzt. Als Objektive hatte ich ein 80 – 400 mm Zoom dabei, Lichtstärke 4,5 – 5,6, und ein 70 – 200 mm mit Lichtstärke 2,8.

Aber es gab auch Situationen, bei denen an Fotografieren nicht zu denken war. Während einer Nebelfahrt in der Antarktis war ich bei der Eis-Wache, man hält Ausschau nach Eisbergen, so angespannt, dass ich sogar Sinnestäuschungen hatte und die Sirenen des Odysseus zu hören glaubte. An einem anderen Tag bimmelte mitten im Nirgendwo eine Schiffsglocke – und ich war ganz erleichtert, als ich sah, dass ein Matrose die Glocke der DAGMAR AAEN reinigte.

Hast Du ein Lieblingsmeer?

Den Atlantik. Das ist für mich richtiges Meer, mit allen Farben und Bewegungen, das hat Kraft.

Was fasziniert Dich am Segeln?

Angefangen zu Segeln habe ich vor ungefähr 18 Jahren. Ich wollte so die Länder bereisen, die ich bei meiner Arbeit für den Stern immer nur kurz gesehen habe. Vor allem wollte ich langsam reisen, die Seele immer mitnehmen. Geduld ist eine Eigenschaft, die man sich erarbeiten muss. So wollten wir in der Antarktis mit dem Pinguin-Forscher Dr. Klemens Pütz ein paar Inseln westlich des Beagle-Kanals ansteuern, um dort Pinguine mit Sendern auszustatten. Das geht nur innerhalb einer kurzen Zeitspanne, in der die Tiere bereits ihren Flaum verloren haben, kurz bevor sie für ein halbes Jahr im Meer verschwinden.

Vier Wochen kreuzten wir vor den Inseln. Es gab Sturm. Der Sturm legte sich. Doch das Meer blieb sehr unruhig, der Swell war hoch. Zu hoch. Das vorhandene Kartenmaterial verriet nicht, wie tief die Gewässer sind. Also konnten wir nicht mit dem Zodiac raus, ohne Gefahr zu laufen, auf dem felsigen Untergrund in Seenot zu geraten. Und so verstrichen die vier Wochen – und wir mussten zurück, ohne einen Fuß auf eine der Inseln gesetzt zu haben, ohne einen einzigen Pinguin mit einem Sender ausgestattet zu haben.

Du bist schon nahezu überall gewesen. Wohin führt die nächste Segelreise?

Oft sind die Bedingungen dieser Reisen extrem. Die Kälte, der Seegang, die ständige Nässe. Oft schon habe ich gedacht, das war jetzt wirklich die letzte Expedition. Doch ich kann nicht davon lassen. Und es gibt bereits neue Pläne. Noch aber ist nichts spruchreif. Ich freue mich jedenfalls schon auf die Farben des Meeres.

 

Meere-Ostsee

Ostsee – Sonnenuntergang in Visby auf Gotland/Schweden bei Windstärke 2

 

Meere-Nordsee - Die Hafenmole von Dagebüll in Nordfriesland bei dem Sturm am 28.10.2013 wo Windgeschwindigkeiten über 180 km/h gemessen wurden; Windstärke 12.

Vor Dagebüll in Nordfriesland am 28. Oktober 2013. Ein Orkan mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 180 Km/h macht das Meer zum Monstrum

 

 


 

Harald Schmitt in Grönland, im Scoresby Sund.

Harald Schmitt in Grönland, im Scoresby Sund.

Harald Schmitt war von 1977 bis 2011 Fotoreporter des Stern. Viele seiner Bilder sind längst Dokumente der Zeitgeschichte. Seit einigen Jahren gilt seine große Leidenschaft dem Segeln. Mehrfach schon hat er Arved Fuchs auf seinen Expeditionen begleitet. Die Ausstellung „Die Farben des Meeres“ ist ab dem 18.06. bis zum 26.08. 2017 im Museum Langes Tannen in Uetersen bei Hamburg zu sehen.

 

 

 

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