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Wettbewerb der Standorte: die „inoffizielle Taufe“ der MEIN SCHIFF 6

Wettbewerb der Standorte: die „inoffizielle Taufe“ der MEIN SCHIFF 6

Hamburg gegen Bremerhaven gegen Kiel – die Kreuzfahrt-Industrie macht Orte zu Destinationen. Im Wettbewerb der Standorte erzielen Bremerhaven und Kiel weitere Erfolge. Die Stadt an der Förde sieht sich als Ausrichter der „inoffiziellen Taufe“ der MEIN SCHIFF 6

MEIN SCHIFF 6 in Kiel

Wasserfontäne statt Champagnerdusche: MEIN SCHIFF 6 wird in Kiel begrüßt (Foto: Tui Cruises)

 

„Hamburg wird abgehängt“ titelt die Online-Ausgabe des Flensburger Tagesblatts. Der Grund für diese steile These? Dass der Tui Cruises-Neubau MEIN SCHIFF 6 seinen ersten Stopp nach der Fertigstellung nicht in Hamburg macht, sondern in Kiel. Das Schiff kommt direkt aus der Meyer-Werft im finnischen Turku. Und obwohl Tui Cruises seinen Sitz in Hamburg hat, vor der imposanten Kulisse der Elbphilharmonie am 1. Juni die Flasche mit dem Taufchampagner gegen den Stahlrumpf knallen lässt, legt das neue Schiff in Kiel an. In Kiel!

Jetzt könnte man die Schlagzeile als reine Lokalpatriotismushuberei abtun. Als Ausdruck jener klammheimlichen Schadenfreude, die manchmal die in der zweiten Reihe empfinden: Denn sie machen ja auch einen guten Job. Doch meist richtet sich alle Aufmerksamkeit auf die, die eh immer im Rampenlicht stehen. Und wenn dann einmal die Kegel der Scheinwerfer einen der Hinterbänkler erfasst werden, dann freuen sie sich. Und sagen plötzlich solche Sätze wie der Oberbürgermeister von Kiel, der bezeichnet den Besuch des neuesten Tui Cruises-Schiff als die „inoffizielle Taufe“ der MEIN SCHIFF 6.

 

Die Kreuzfahrt-Industrie macht Orte zu Destinationen

 

Was, so möchte man fragen, zählt denn als inoffizielle Taufe? Jeder Hafen, den ein Schiff anläuft, bevor final der Champagner vergossen wird? Erlebt die AIDA PERLA ihre inoffizielle Taufe gerade in Singapur? Und in jedem weiteren Hafen, den das Schiff auf seiner Reise nach Palma de Mallorca ansteuert? Aber es genügt nicht, sich nur zu wünschen, Politiker würden ihre Worte mit mehr Bedacht wählen. Oder sich in solchen Momenten über den Unterschied zu freuen – zu denen, die es gewohnt sind, auf der großen Bühne zu stehen.

Abseits aller Lokaldiplomatie gibt es hier doch ein Thema von gewisser Brisanz: Die boomende Kreuzfahrt-Branche mit ihrem enormen Wachstum und dem enormen Bedarf an Infrastruktur kann Orte zu touristisch relevanten Destinationen machen, die bis dahin wenig attraktiv waren. Ein gutes Beispiel ist Bremerhaven. Die Stadt hat viel investiert, Museen gebaut, den regionalen Tourismus gestärkt, die einstige „graue Maus“ hat sich mächtig in Schale geworfen.

 

MEIN SCHIFF 6

MEIN SCHIFF 6 Übergabe

Acht Tage früher als geplant wird MEIN SCHIFF 6 in Turku an Tui Cruises übergeben. Die Frau in Blau ist Wybcke Meier, CEO des Kreuzfahrtanbieters, der Mann in Grau ist Jan Meyer von der Meyer-Werft, der Mann in Weiß ist Kapitän Kjell Holm (Fotos: Tui Cruises)

 

Doch ein nicht unerheblicher Anteil am Wachstum im Tourismus kommt durch die Kreuzfahrt, Bremerhaven investiert viel in seine Hafenanlagen. 2014 machten diverse Kreuzfahrtschiffe 63 mal in Bremerhaven fest und brachten rund 70.000 Gäste. 2017 erwartet man rund 150.000. Das ist viel für eine Stadt, die über das ganze Jahr etwa 350.000 Hotelübernachtungen generiert. Kiel zählte zuletzt übrigens 450.000 Kreuzfahrtgäste. Es dauert noch ein Weilchen, bis Hamburg abgehängt ist – die Hansestadt hat im vergangenen Dezember den 700.000. Kreuzfahrtgast begrüßt. 6,6 Millionen Gäste sorgen für mehr als 13 Millionen Hotelübernachtungen.

Aber es entwickelt sich eine neue Form in der Auseinandersetzung der Destinationen. Ein Kreuzfahrtschiff bringt nicht nur Gäste, die in der Stadt für Umsätze sorgen. Sondern das Schiff selbst generiert auch Einnahmen – via Hafengebühren, Kaigeld, Kosten für Lotsen und Schlepper. Der Journalist Frank Behling hat das berechnet: Demnach kostet etwa ein Anlauf der MSC FANTASIA in Kiel rund 20.000 Euro, in Hamburg sind es 32.000 Euro. Hinzu kommen noch die Kosten für die rund fünfstündige Revierfahrt durch die Elbe.

 

Hamburg, die Perle  ist schön – aber teuer

 

„Hamburg ist schon deutlich teurer als andere Häfen“, heißt es bei Tui Cruises. Die Reederei, ein Joint Venture von Royal Caribbean Cruises und der Tui, hat ihren Sitz in Hamburg. Aber als kostenoptimierende Maßnahme wird sie ihre Schiffe in diesem Jahr überwiegend von Kiel und Bremerhaven aus abfahren lassen. Dass man dennoch vor der Elbphilharmonie die Taufe der MEIN SCHIFF 6 zelebrieren wird – mit vielen VIP, mit einem besonderen Rahmenprogramm und mit einem großem Feuerwerk –, das sagt etwas über den Sexappeal der Wettbewerber. Und offenbart eine Option für die Millionenstadt an der Elbe.

Die Kreuzfahrt-Industrie bringt die Städte in eine neue Konkurrenzsituation. Hamburg, einerseits die „Perle“ mit einer Hafeneinfahrt von besonderer Grandezza, andererseits für scharf rechnende Reedereien vor allem ein Kostenfaktor, wird seine Rolle neu definieren müssen. Als glamouröses Kreuzfahrtziel. Als Event-Location. Als Kulisse für spezielle Momente an Bord eines Schiffes. In einer Reihe mit anderen teuren Häfen wie Venedig, New York oder Sydney. Nicht Besucher-Rekorde dürfen das Ziel sein, sondern großes Kino. Selbst bei mäßigem Wetter lockt der Hafengeburtstag mehr als eine Million Menschen nach Hamburg, und für die Hamburg Cruise Days wurden so viele Schiffe gemeldet, das Kreuzfahrtfest wird mega.

In der Nacht vom 13. auf den 14. Mai ist die MEIN SCHIFF 6 in Hamburg einlaufen. Noch zwei Wochen bis zur Taufe…

 

MEIN SCHIFF vesseltracker

Der Vessel Tracker-Screenshot zeigt die MEIN SCHIFF 6 (grüner Pfeil im roten Quadrat) vor der Küste Dänemarks, Kurs Hamburg

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