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Die Rote Korsarin: Ab auf die Räder – wir sind fitter als der Reisebus

Die Rote Korsarin: Ab auf die Räder – wir sind fitter als der Reisebus

Peggy Günther ist CRUISINE, die MORE THAN CRUISES-Kolumnistin. Diesmal räsoniert sie über einen aktuellen Kreuzfahrt-Trend: über die Kombination von Schiffs- und Aktivreise. Anders formuliert: Ab auf die Räder, wir sind fitter als der Reisebus…

 

Header-Cruisine

von Peggy Günther

 

Ab auf die Räder – wir sind fitter als der Reisebus: Sie sind auf alles vorbereitet. Funktionskleidung umschmeichelt ihre Körper. Wer sich nicht für die hautenge, atmungsaktive Faser entschieden hat, trägt zumindest eine lässige Steppweste und stimmt sich farblich mit dem Ehepartner ab. Fahrradhelme werden festgeschnallt, Warnwesten übergestreift, die weißen Tennissocken akkurat hochgezogen. Dann erobern sie in gekonnter Kolonnenfahrt die Städte, manchmal ein wenig wackelig – die letzte Benutzung eines Fahrrades liegt vielleicht länger zurück. Aber sie lassen sich nicht aufhalten. Und im Zweifel vervielfacht ein Pedelec-Motor die nachlassende Muskelkraft.

Vorbei ist die Zeit, in der man sich bequem im Reisebus herumkutschieren ließ und spätestens auf dem Rückweg zum Schiff ein kleines Nickerchen hielt. Aktiver Landausflug heißt das Gebot der Zeit.

 

peggy-rad-fahren

 

Der Kreuzfahrt-Trend der aktiven Hafenstadt-Aneignung bietet drei sehr wichtige Vorteile:

Erstens

Man kann mitleidig die angestrengte Klettertour der Älteren in den Reisebus betrachten, wohlwissend, dass deren Tour – nachdem endlich alle Teilnehmer ihren Platz eingenommen haben – spätestens nach zehn Minuten durch den ersten Toilettenstopp unterbrochen wird. Und angestrengtes Stöhnen herrscht, wenn die Polster dann doch mal für einen Fotostopp verlassen werden können. Nein, so weit ist es zum Glück noch nicht. Man ist fit – entspricht also gar nicht dem Klischee des klassischen Kreuzfahrers.

Zweitens

Man nimmt deutlich mehr von der Destination wahr. Man riecht, hört, spürt die neue Stadt. Hat mehr Zeit bei den Haltepunkten, da das lästige Ein- und Aussteigen aus dem Bus entfällt. Und erntet bei den Freunden zuhause ungläubige Gesichter, wenn man im Nachhinein erzählt, welche exotischen Metropolen man mutig mit dem Fahrrad erobert hat. Man macht eigentlich mehr als eine Kreuzfahrt.

Drittens

Last, but not least: Beim abendlichen Dinner darf man sich ohne schlechtes Gewissen einen Nachtisch gönnen. Oder einen zweiten Hauptgang. Denn die Kalorien strampelt man ja wieder ab. Zumindest einen Teil davon (siehe: Der Fluch der Kaloribik). Man tut nicht, was Kreuzfahrtgäste gemeinhin zu tun scheinen – und wird dicker und dicker.

 

Auf meiner ersten Tour mit dem Pedelec wurde ich übrigens gnadenlos abgehängt. Ich hatte am Berg nicht schnell genug geschaltet und vorbei war es mit der Motorenunterstützung. Als einige Senioren mit mitleidigen Blicken an mir vorüberzogen, beschloss ich, künftig ausschließlich an Touren mit nicht-motorisierten Fahrrädern teilzunehmen.

 

 


Peggy Günther ist eine der wenigen Frauen in der Kreuzfahrt-Branche. Die freie Reisejournalistin kennt mehr als 70 Schiffe – vom kleinen Flusskreuzer bis zum größten Megaliner. Ihre Artikel erscheinen in diversen Publikationen, etwa in der Kreuzfahrtenbeilage der „Zeit“, im „Kreuzfahrt Guide“ und im Fachmagazin „An Bord“. Unter www.cruisine.de veröffentlicht sie ausgewählte Reisetagebücher, Tipps für individuelle Landgänge und die spitzen Kommentare ihres Alter Egos…

 

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