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Die Rote Korsarin: Taufpatin? Mich fragt ja keiner!

Die Rote Korsarin: Taufpatin? Mich fragt ja keiner!

Peggy Günther ist CRUISINE, die MORE THAN CRUISES-Kolumnistin – und sie wär so gern Taufpatin. Aber sie ist noch nie gefragt worden. Dabei kennt sich kaum eine Frau so gut aus mit Kreuzfahrtschiffen wie sie, selbst mit den seltsamen Traditionen in Bezug auf Taufpatinnen...

 

Header-Cruisine

von Peggy Günther

 

Neulich habe ich gelesen, dass einer meiner sehnlichsten Träume nicht in Erfüllung gehen kann, so lange ich nicht zum Friseur gehe: Mit roten Haaren darf ich kein Schiff taufen. Ein grünes Kleid ist übrigens auch nicht erlaubt (dabei würde das hervorragend zur Haarfarbe passen). Das besagen jedenfalls die „Traditionen“ über Taufpatinnen.

Was sind das denn bitte für seltsame Traditionen?!

Dabei wäre ich die perfekte Taufpatin für ein Schiff, wie nachfolgende Argumentationskette schlüssig belegt:

Erstens: Ich fülle ein Abendkleid sinnlich aus.

Zweitens: Wäre ich eine dankbare Abnehmerin des Schmucks, den die Taufpatin als Entlohnung geschenkt bekommt (denn anders als die meist gewählten Promis habe ich den Schrank nicht voll damit).

Drittens: Ich habe nicht vor, schwanger zu werden (Ausschlusskriterium in Frankreich, wo jedoch Argument Nummer Eins vermutlich auch kontraproduktiv wäre.)

Viertens: Das Wort „Kaninchen“ – laut Tradition darf es von Taufpatinnen nicht verwendet werden – kommt in meinem Sprachgebrauch gar nicht vor. (Diese Regel ist ungefähr so sinnvoll, wie das Verbot roter Haare!)

Und – last but not least – Ich kenne mich mit Schiffen aus!

 

Cruisine-Kolumne-Teil-1

 

Unverständlicherweise bin ich aber noch nie gefragt worden, ob ich einem Neubau die Flasche an den Bug knallen möchte. Stattdessen geben sich die Reedereien mit B-Ware zufrieden: Ein deutscher Anbieter greift bevorzugt auf Models zurück. Die sagen dann allerdings schon mal so unpassende Sätze wie: „Eigentlich interessiere ich mich überhaupt nicht für Schiffe.“ Das würde ich definitiv nie sagen. Ich liebe Schiffe.

Ein britischer Anbieter setzt auf Mitglieder der Königsfamilie. Doch Camilla ließ die Champagnerflasche so unentschlossen gegen den Rumpf dengeln, dass es bei der Taufe der QUEEN VICTORIA nicht spritzte, sondern nur dezent „Bong“ machte. Also, ich habe noch jede Flasche Prickelbrause aufbekommen. Im Zweifelsfall würde ich sogar einen großen Schluck Palmwein in den Mund nehmen und gegen das Schiff spucken, wie es bei Taufen in Afrika üblich ist.

Wie logisch solche „Vorschriften“ für Schiffstaufen sind, zeigt allein der Umstand ihres ständigen Wandels: Während früher ausschließlich Männer tauften, gilt es inzwischen als Glücksbringer für das Schiff, wenn eine Frau die Zeremonie durchführt. Einziger Beleg für diese These: Die DEUTSCHLAND, getauft durch den ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, fuhr nach dessen Tod schnurstracks in die Zwangsversteigerung.

Vielleicht wird die Regel mit den roten Haaren ja auch eines Tages aufgehoben: Wenn dann ausschließlich rothaarige Frauen Schiffstaufen durchführen dürfen, steigen meine Chancen angesichts von lediglich ein bis zwei Prozent naturroter Schöpfe exponentiell. Auf das grüne Kleid würde ich freiwillig verzichten, vorausgesetzt Guido Maria Kretschmer hat eine schicke Alternative zu bieten.

 


Peggy Günther ist eine der wenigen Frauen in der Kreuzfahrt-Branche. Die freie Reisejournalistin kennt mehr als 70 Schiffe – vom kleinen Flusskreuzer bis zum größten Megaliner. Ihre Artikel erscheinen in diversen Publikationen, etwa in der Kreuzfahrtenbeilage der „Zeit“, im „Kreuzfahrt Guide“ und im Fachmagazin „An Bord“. Unter www.cruisine.de veröffentlicht sie ausgewählte Reisetagebücher, Tipps für individuelle Landgänge und die spitzen Kommentare ihres Alter Egos…

 

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